Die Psychologie (griechisch-lateinisch psychologia, ‚Lehre von der Seele‘) ist eine empirische Wissenschaft. Ihr Ziel ist es, menschliches Erleben und Verhalten, deren Entwicklung im Laufe des Lebens sowie alle dafür maßgeblichen inneren und äußeren Ursachen und Bedingungen zu beschreiben und zu erklären.
Im Deutschen gibt es das Wort Psychologie seit dem 18. Jahrhundert.[1] Der Begriff findet sich erstmals 1575 bei Johann Thomas Freigius bezeugt und gehört seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts sowohl der Fach- als auch Gemeinsprache an. Sprachlich ist er zusammengesetzt aus altgriechisch ψυχή psȳchḗ ‚Hauch, Atem, Leben, Lebenskraft, Seele, Geist, Gemüt‘ und λογία logía ‚Lehre von etwas, Wissenschaft von etwas‘.[2]
Psychologie ist als Wissenschaft bereichsübergreifend: Sie lässt sich weder gänzlich den Naturwissenschaften noch den Sozialwissenschaften oder Geisteswissenschaften allein zuordnen. Eine Anthropologie im weitesten Sinn und die Methoden der Statistik bilden ihre Grundlage. Eine aus dem angelsächsischen Raum stammende Einteilung untergliedert Psychologie im Sinne der Behavioural sciences in Verhaltenswissenschaft, Kognitionswissenschaft und Neurowissenschaft. Da nach Meinung mancher mittels rein naturwissenschaftlich-empirischer Forschung nicht alle psychologischen Phänomene erfasst werden können, ist auch auf die Bedeutung der geisteswissenschaftlichen Psychologie zu verweisen. Mit der Experimentalpsychologie hat sich ein Zweig der psychologischen Forschung etabliert, der sich bereichsübergreifend des Experiments als wissenschaftlicher Methode bedient.
Neben der akademischen Psychologie existiert eine Alltagspsychologie. Sie ist vereinzelt Gegenstand der akademischen Disziplin, von der hier die Rede ist.[3] Sie bedient sich ursprünglich akademisch-psychologischer Konzepte und Begriffe, die in die Alltagssprache eingeflossen sind, und beruft sich gerne auf den sogenannten „gesunden Menschenverstand“. Dessen Erkenntnisse genügen nicht den wissenschaftlichen Ansprüchen, etwa hinsichtlich ihrer Objektivität, Reliabilität und Validität.[4]
Psychologen sind Personen, deren Berufsbild durch die Anwendung psychologischen Wissens charakterisiert ist und deren Bezeichnung in Deutschland ein Hochschulstudium im Hauptfach Psychologie voraussetzt.
Psychologie wurde als eigenständige akademische Disziplin Anfang des 19. Jahrhunderts in damaligen wissenschaftlichen Zentren Deutschlands wie Leipzig und Königsberg begründet.
In Leipzig gründete Wilhelm Wundt gemeinsam mit Gustav Theodor Fechner 1879 (zunächst als Privatinstitut) das Institut für experimentelle Psychologie. Um diese beiden sammelte sich binnen kurzer Zeit ein Kreis engagierter junger Forscher, zu denen unter anderem Emil Kraepelin, Hugo Münsterberg, Granville Stanley Hall und James McKeen Cattell gehörten. 1883 wurde das Institut offizielles Universitätsinstitut.
Insbesondere Johann Friedrich Herbart, ab 1809 Nachfolger Immanuel Kants auf dessen Königsberger Lehrstuhl, bemühte sich mit zahlreichen Veröffentlichungen um eine eigene Lehre der Psychologie. Dies ist deshalb nicht so geläufig, da Herbart vornehmlich als Begründer der wissenschaftlichen Pädagogik gilt. Dennoch ist die Bedeutung Herbarts für beide Disziplinen nicht zu unterschätzen. Neben Herbart ist ebenfalls Friedrich Beneke als einer zu nennen, die den Weg zur experimentellen Psychologie ebneten. Beneke war einer der ersten deutschen Philosophen, die von einer empirischen Herangehensweise an die Psychologie überzeugt waren. Seine Überzeugung brachte Beneke zunächst in Schwierigkeiten, und er verlor seine Tätigkeit an der Uni Berlin. Erst nach seinem Tod wurde seine wissenschaftliche Herangehensweise anerkannt und mit der Begründung der experimentellen Psychologie fortgesetzt.[5]
1896 verwendete Sigmund Freud zum ersten Mal den Begriff Psychoanalyse.
Die Tierpsychologie (heute: Verhaltensforschung) sonderte sich im frühen 20. Jahrhundert unter Konrad Lorenz als eigenständiges Fach von der Psychologie ab. Sie ging ebenfalls maßgeblich vom ehemaligen Lehrstuhl Kants aus.
Entgegen ihrem Bild und dem Verständnis in der Öffentlichkeit ist die in den akademischen Institutionen betriebene und gelehrte Psychologie eine streng empirische Wissenschaft. Als empirischer Wissenschaft vom Erleben und Verhalten obliegt es der Psychologie, Theorien und daraus abgeleitete Modelle, Hypothesen, Annahmen für die Beantwortung einer konkreten Fragestellung usw. mit geeigneten wissenschaftlichen Methoden empirisch zu prüfen. Die Methodik ist überwiegend naturwissenschaftlich, mithin quantitativ, in Verbindung mit experimentellem oder quasi-experimentellem Vorgehen, ausgelegt. Daher stellen die Mathematik, insbesondere die Deskriptive Statistik, die Stochastik – hier besonders die Induktive Statistik und die statistischen Testverfahren – sowie zunehmend Ansätze der Systemtheorie – insbesondere die mathematische Systemanalyse – wichtige Werkzeuge der Psychologen dar.
Als empirische Humanwissenschaft unterscheidet sich Psychologie von verwandten Forschungsgebieten anderer Fächer, die zum Teil eigene „Psychologien“ inkorporieren, wie beispielsweise Philosophie, Soziologie, Pädagogik, Anthropologie, Ethnologie, Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaften, Allgemeinen Linguistik, Medizin[6] und Zahnmedizin[7] oder Biologie, durch naturwissenschaftlich-experimentelle Ausrichtung: Mentale Prozesse, konkrete Verhaltensmechanismen sowie Interaktionen von mentalen Prozessen und dem Verhalten von Menschen werden beschrieben und erklärt, wobei Überschneidungen bis hin zur Interdisziplinarität möglich sind. Diese Abgrenzung kann als eine erweiterte Definition der Psychologie gelesen werden.
Methodisch finden sich heute neben den naturwissenschaftlichen Ansätzen auch solche der empirischen Sozialwissenschaften. Eine Schwerpunktsetzung schwankt je nach Ausrichtung eines psychologischen Fachbereiches. Vorherrschend sind hier quantitative Methoden, wiewohl auch qualitative Methoden zum Repertoire gehören, zum Beispiel Grounded Theory oder Inhaltsanalyse. Die Trennung zwischen qualitativer und quantitativer Sozialforschung ist nicht immer eindeutig: Die Psychologie unterscheidet eher zwischen primär naturwissenschaftlichen und primär sozialwissenschaftlichen methodischen Ansätzen, die sehr oft neben den quantitativen in einer gewissen Art und Weise auch qualitative Aspekte beinhalten. Eine Trennung zwischen natur- und sozialwissenschaftlichen Ansätzen ist nicht immer eindeutig möglich.
Insbesondere bei mathematischen und statistischen Modellierungen ist, wie sonst in der quantitativ geprägten psychologischen Arbeitsweise, das Vorgehen nicht zwingend deduktiv.
Wenig bekannt ist, dass in der Psychologie wie in anderen Naturwissenschaften und der Medizin auch Tierversuche durchgeführt werden, sowohl im Rahmen der psychologischen Grundlagenforschung, vornehmlich der Allgemeinen und der Biopsychologie, als auch zum Beispiel in der Klinischen Psychologie. Schon in den 1920er Jahren, vor allem im Rahmen der Lernforschung durchgeführt, wurden sie grundlegender Bestandteil der Aggressions-, Stress- und Angstforschung, später auch der Depressionsforschung und der Wahrnehmungsforschung. Insbesondere bei neuropsychologischen Fragestellungen wurden sie nochmals, besonders in Form von Läsionsexperimenten, verstärkt eingesetzt. Heute werden sie vornehmlich in Forschungen zur Psychoneuroendokrinologie und -immunologie, zur Umweltpsychologie, zur Ernährungspsychologie und zum Beispiel auch in der Erforschung selbstverletzenden Verhaltens, vor allem aber in der Suchtforschung eingesetzt. Auch psychologische Tierexperimente unterliegen weltweit strengen ethischen Standards.
Die Auffassung über Psychologie als Wissenschaftsdisziplin unterliegt einem historischen Wandlungsprozess, immer im Spannungsfeld zwischen Geistes- und Naturwissenschaften liegend. Eine rein „geisteswissenschaftlich“ verstandene Psychologie lässt sich am ehesten aus der deutschen Philosophie als „verstehende Psychologie“ (Wilhelm Dilthey) ableiten. Die Psychologie ist nach moderner Auffassung nur insoweit eine „Geisteswissenschaft“, zumindest bezogen auf die englische Bedeutung der Humanities, als sie sich mit dem Menschen, genauer gesagt mit den ausgewählten Aspekten des Menschseins, eben dem zu beobachtenden Erleben und Verhalten, befasst.
Dabei darf nicht übersehen werden, dass bis weit ins 19. Jahrhundert hinein die Psychologie ein Teil der Philosophie war und als „spekulative“ oder „rationale“, also nicht-empirische, Psychologie meist der Metaphysik zugeordnet wurde. Der deutsche Aufklärungsphilosoph Christian Wolff setzte dieser „rationalen“ Psychologie bereits eine „empirische“ entgegen, meinte damit aber eine introspektive, also nach heutigem Sprachgebrauch gerade nicht empirische Psychologie.[8] Wiewohl anfangs die Introspektion anerkannte Methode in den frühen psychologischen Experimenten war und erst später wegen erkannter methodischer Probleme und besserer indirekter Beobachtungsmethoden – besonders durch die Gestaltpsychologie der Würzburger Schule – aus dem Repertoire der Psychologie weitgehend verschwand. Im Unterschied zu den Begriffen Seele oder Geist als Synonyme für Psyche sind sie im metaphysischen beziehungsweise theologischen Sinn nicht Gegenstand der heutigen Psychologie. Bei ihrer Begründung im 19. Jahrhundert wurden metaphysische Elemente explizit ausgeklammert, jedoch deren Gegenstände – natürlich mit Beschränkung auf im gewählten methodischen Zugang auch untersuchbare Bereiche – in Kombination damals neuer Methoden der Biologie und Physik, später auch der modernen Inferenzstatistik, erforscht.
Die Ausgestaltung der Psychologie als eine eigene akademische Disziplin geht einher mit der durchaus kompromisshaften Lösung methodologischer Probleme, die schon innerhalb der Philosophie lange Zeit heftig diskutiert wurden, wie beispielsweise auch von Immanuel Kant. Möglich wurde dies durch neue Erkenntnisse der Experimentalphysik und Neuerungen insbesondere der Biologie, genauer: der Sinnesphysiologie des 19. Jahrhunderts. Dadurch bedingt, beschränkt sich die Psychologie in ihrer Arbeitsweise wie auch in ihrem Anspruch (Psychologie ist keine Universalwissenschaft der „menschlichen Seele“ oder „des Menschlichen“); wesentlich ist also auch ein vornehmlich der Physik und besonders der Biologie entlehnter Reduktionismus. Außerhalb dieses Vorgehens bleiben die methodologischen Probleme bestehen, sodass auch nach heute gültigen mehrheitlich vertretenen wissenschaftstheoretischen Ansichten Psychologie als eine eigene Wissenschaftsdisziplin nur unter diesen Prämissen, analog insbesondere zu den Naturwissenschaften, möglich ist.
Insofern bestehen Gebiete mit stärker „spekulativen“ oder „metaphysisch“ geprägten „psychologischen Ansätzen“ oder Seelenlehren, zum Beispiel eingebettet innerhalb der Philosophie und Theologie, teilweise auch in den Kulturwissenschaften und vereinzelt in der Soziologie weitgehend unabhängig von der akademischen Psychologie fort.
Psychologie ist auch nicht – insbesondere im Hinblick auf die Darstellung ihrer Geschichte – mit dem Gebiet der Philosophie des Geistes zu verwechseln. Nach einem weiteren populären Irrtum beschäftigt sich die Psychologie hauptsächlich mit gestörtem Verhalten und „psychischen Problemen“. Tatsächlich stellt die Klinische Psychologie aber nur einen Teilbereich der Angewandten Psychologie dar.
Häufig wird die Psychologie mit Psychotherapie, Psychiatrie, Psychosomatik und Psychoanalyse verwechselt oder gleich gesetzt. Hierbei handelt es sich um irrtümliche Auffassungen.
Psychotherapie ist die professionelle Behandlung von psychischen Erkrankungen mit psychologischen Mitteln.[9] Um als Psychotherapeut in Deutschland tätig werden zu dürfen, ist eine Approbation nötig. Diese setzt grundsätzlich neben einem einschlägigen wissenschaftlichen Hochschulstudium in Psychologie oder Medizin (im letzteren Fall mit Approbation zum Arzt) auch eine entsprechende, gesetzlich geregelte Weiterbildung voraus. Auch wenn das Fach Klinische Psychologie absolviert wurde, dürfen daher Psychologen ohne entsprechende Approbation nicht als Psychotherapeuten tätig sein. In Deutschland ist zwischen einem (bloßen) Psychologen und einem Psychologischen Psychotherapeuten bzw. zwischen einem (bloßen) Arzt und einem Ärztlichen Psychotherapeuten zu differenzieren. Für Ärzte gibt es mehrere Wege, die Qualifikation zum Psychotherapeuten zu erlangen. Darüber hinaus existiert das Berufsbild eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Unter gewissen Voraussetzungen dürfen auch Heilpraktiker Psychotherapie betreiben.
Ein Psychoanalytiker ist in den meisten Fällen ein Psychologe oder Arzt, der nach dem jeweiligen Studium eine Weiterbildung in Psychoanalyse abgeschlossen hat. Die Psychoanalyse ist Teil der Tiefenpsychologie und wurde durch Sigmund Freud begründet. Das Spezifische der Psychoanalyse ist ihre Ausrichtung auf die Erforschung des Unbewussten. Psychoanalytische Konzepte spielen in der Entwicklungspsychologie, der Pädagogischen Psychologie, der Klinischen Psychologie, der Sozialpsychologie, sowie in der Differentiellen- und Persönlichkeitspsychologie eine Rolle. In der internationalen Psychotherapie stellt die Psychoanalyse in vielen modifizierten Formen keine einzelne, vielmehr verschiedene Behandlungsverfahren für Psychische Störungen dar. Gleichzeitig ist die Psychoanalyse nicht nur eine Behandlungsmethode der Psychotherapie, sondern auch ein Modell des Menschen im Sinne von Heuristiken durch Induktion.
Die Psychoanalyse nach Sigmund Freud sowie die Theorien anderer Vertreter einer Tiefenpsychologie wie Carl Gustav Jung oder Alfred Adler spielen in der heutigen Psychologie an den meisten deutschen Hochschulen eine Nebenrolle, an vielen naturwissenschaftlichen Fakultäten wird an den psychologischen Instituten die Psychoanalyse (im Gegensatz zu kultur- und geisteswissenschaftlichen Fakultäten) praktisch ausgeklammert und häufig wissenschaftshistorisch aufgrund des Induktionsproblems kritisiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierten tiefenpsychologische Ansätze innerhalb der Psychologie kurzzeitig zum Forschungsparadigma. Insbesondere in den Bereichen Motivation und Kognition gab es Versuche, tiefenpsychologische Annahmen in der Modellbildung zu berücksichtigen. Einiges konnte nach den vorherrschenden wissenschaftstheoretischen Vorstellungen in weiterführende Modelle integriert und weiter differenziert werden und einiges konnte anders oder zumindest sparsamer erklärt werden (siehe Ockhams Rasiermesser). In der Regel entfernen sich Ansätze dieser Art jedoch sehr weit von den theoretischen und praktischen Konzepten der Psychoanalyse.
Die Psychoanalyse wird oft als unwissenschaftlich abgelehnt, z. B. durch Karl Popper, der sie als Pseudowissenschaft einstufte. Gleichwohl gibt es heutzutage Bestrebungen seitens der Psychoanalyse, sich der Forderung nach wissenschaftlicher Überprüfbarkeit zu stellen. Besonders deutlich wurde dies in Deutschland durch die Umwandlung des Sigmund-Freud-Instituts Frankfurt zur reinen Forschungseinrichtung, die Gründung der International Psychoanalytic University Berlin, sowie durch zahlreiche Publikationen der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung, der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft, der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung und der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie.
Der Mediziner Otto F. Kernberg, der zurzeit wohl bedeutendste Vertreter der Objektbeziehungstheorie, publizierte beispielsweise über die Integration von Erkenntnissen und Vorstellungen verschiedener neurowissenschaftlicher Disziplinen mit psychoanalytischen Erklärungsmodellen. Auch in erkenntnistheoretischer Hinsicht wird der kritisch-rationalistische Standpunkt Poppers nicht unwidersprochen rezipiert.[10] Dennoch wurde und wird die Psychoanalyse sowohl aus der Psychologie heraus wie auch von Seiten der Philosophie kritisiert; insbes. Grünbaum (1988) legte eine v. a. aus erkenntnistheoretischer Sicht grundlegende moderne Kritik an der Psychoanalyse vor.[11]
Innerhalb der Psychologie existieren viele grundlegend verschiedene Denkansätze (Paradigmen) und Behandlungsmethoden, die darauf basieren. Die wichtigsten sind das
Diese Paradigmen sind keine Teildisziplinen der Psychologie (wie etwa die Allgemeine Psychologie), sondern jedes ist ein theoretisches Konzept für die verschiedenen Teildisziplinen und Forschungsprogramme der Psychologie. Diese Ansätze, die sich in Grundannahmen und in der Methodik unterscheiden, werden in der Regel nicht explizit erwähnt, bilden aber eine sehr wichtige Grundlage für das (korrekte) Verständnis der Psychologie, ihrer Theorien und v. a. der psychologischen Forschungsergebnisse. Heute sind innerhalb eines psychologischen Faches (einer Disziplin) in der Regel verschiedene Paradigmen gleichberechtigt (so z. B. in der aktuellen persönlichkeitspsychologischen Forschung das Informationsverarbeitende Paradigma, das Eigenschaftsparadigma und das dynamisch-interaktionistische Paradigma). Diese Komplexität der Psychologie sollte man vor allem auch in Bezug auf die einzelnen Disziplinen berücksichtigen: Es gibt innerhalb einer Disziplin immer verschiedene Herangehensweisen, unter denen ein Gegenstandsbereich betrachtet werden muss, bzw. eine hohe methodologische Flexibilität, unter der eine Fragestellung bestmöglich wissenschaftlich-methodisch beantwortet werden kann.
Die Anbindung eines psychologischen Fachbereichs an eine Fakultät (in der Regel naturwissenschaftliche, sozialwissenschaftliche oder philosophische) sagt nicht immer etwas über dessen Ausrichtung aus (eher naturwissenschaftlich oder eher sozialwissenschaftlich). Diese Anbindungen sind in der Regel historisch oder verwaltungstechnisch begründet. Insofern kann man z. B. auch keine analogen Rückschlüsse über den Doktorgrad eines promovierten Psychologen ziehen; anders ausgedrückt: Man kann als Psychologe im Extrem einen Dr. phil. mit einer Dissertation in Neuropsychologie erlangen und genauso im Extrem einen Dr. rer. nat. mit einer qualitativ-sozialwissenschaftlichen Arbeit.
Vielfach wird innerhalb der Psychologie zwischen Grundlagen-, Anwendungs- und Methodenfächern unterschieden. Außerdem kann der empirischen Forschung sowie der Praxis der Angewandten Psychologie eine Theoretische Psychologie (Metatheorie) gegenübergestellt werden.
Innerhalb dieser Disziplinen kann man noch zwischen solchen unterscheiden, die auch Bestandteil anderer Grundlagenfächer sind, und solchen, die grundlegende Erkenntnisse in spezifischen Kontexten liefern. Zu den ersteren gehören die Psychologische Methodenlehre, sowie die Allgemeine Psychologie und die Biopsychologie (die wiederum untereinander stark vernetzt sind), zu den letztgenannten die Sozialpsychologie, die Entwicklungspsychologie sowie die Persönlichkeits- und Differenzielle Psychologie. Die neuere Einteilung (z. B. für die Bachelor-of-Science-Studiengänge) fasst die Allgemeine und die Biologische Psychologie unter „Kognitive und biologische Grundlagen des Verhaltens und Erlebens“ zusammen, die Persönlichkeits-, Differenzielle, Sozial- und Entwicklungspsychologie unter „Grundlagen intra- und interpersoneller Prozesse“.
Weitere Anwendungsbereiche der Psychologie bilden u. a. die Verkehrs-, Personalpsychologie, Medien-, Rechts-, Kulturvergleichende-, Geronto-, Sport-, Umwelt-, politische Psychologie, Führungspsychologie, Gesundheitspsychologie, Behavioral Finance, Werbepsychologie, Suchtprävention usw.
Grundsätzlich sind auch andere Klassifikationen psychologischer Teildisziplinen möglich, z. B. solche, die einen Forschungsgegenstand benennen und als Untergebiet oder Arbeitsschwerpunkt ausweisen oder diesen über alle ihn betreffende Disziplinen hinweg und zusammenfassend beschreiben (z. B. Wahrnehmungspsychologie, Emotionspsychologie u. a.), oder auch solche, die zugrunde liegende Ansätze oder besondere Aspekte von Paradigmen betonen (z. B. Verhaltenspsychologie, Evolutionäre Psychologie u. a.). Diese eher bereichsspezifischen Bezeichnungen (mit entsprechender thematischer Bündelung von verschiedenen Inhalten) finden sich auch häufig dann, wenn es um eine umfassende Vermittlung von spezifischen Inhalten und weniger um Forschung und methodische Zusammenhänge geht, also insbesondere wenn psychologisches Wissen im Rahmen von Neben- oder Hilfsfächern (z. B. an nicht-psychologischen Fachbereichen, in Fachhochschulstudiengängen usw.) vermittelt wird. Hier werden auch zum Teil Bezeichnungen o. g. Grundlagendisziplinen anders inhaltlich ausgefüllt, wie z. B. Allgemeine Psychologie als eine den allgemeinen (ersten) Überblick gebende Einführung in die Psychologie (wie in den sprichwörtlichen 101-Kursen in den USA) oder Pädagogische Psychologie als Psychologie für Pädagogen.
Jedes Individuum ist ein komplexes System aus mehreren kleinen Systemen, das wiederum Teil eines großen sozialen Systems ist. Es wird also auf unterschiedlichen Analyseebenen gearbeitet, die einander ergänzen. Die differierenden Analyseebenen bilden zusammen einen sogenannten biopsychosozialen Ansatz: Darin werden die Einflüsse biologischer, psychologischer und soziokulturellen Faktoren gleichermaßen beachtet und berücksichtigt. Diese drei zentralen unterschiedlichen Analyseebenen beeinflussen und steuern das Verhalten und die mentalen Prozesse eines Individuums.[12]
Zu den biologischen Einflüssen zählt die Selektion adaptiver Merkmale, also Merkmale, die für das Überleben und den Fortpflanzungserfolg eines Individuums vorteilhaft sind. (Siehe Evolutionäre Anpassung). Auch die genetischen Prädispositionen, also die erblich bedingte Empfänglichkeit für bestimmte Erkrankungen in der entsprechenden Umgebung, spielen eine große Rolle beim menschlichen Verhalten. Zudem wirken sich die Gehirnmechanismen und die hormonellen Einflüsse unterschiedlich auf das Verhalten und Prozesse des Denkens, der Vorstellung, der Sprache und des Urteils aus.
Zu den psychologischen Einflüssen, die sich auf unser Verhalten auswirken, zählen erlernte Ängste, Unsicherheiten und andere erlernte Erwartungen. Auch emotionale Reaktionen, kognitive Verarbeitungen und Wahrnehmungsinterpretationen werden unter die psychologischen Einflüsse gefasst.
Großen Einfluss auf das menschliche Verhalten und die mentalen Prozesse haben die soziokulturellen Faktoren. Das soziale Umfeld in dem sich ein Individuum bewegt und die Anwesenheit Anderer hat erheblichen Einfluss auf individuelle Verhaltensweisen. Auch die Erwartungen, die Kultur, Gesellschaft und Familie an den Einzelnen stellen, zählen zu den soziokulturellen Einflüssen. Besonders wichtig sind zudem Einflüsse seitens der Gleichaltrigen und von anderen Gruppen.