Neue Zürcher Zeitung | |
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Beschreibung | Schweizer Tageszeitung |
Verlag | Neue Zürcher Zeitung |
Erstausgabe | 12. Januar 1780 |
Gründer | Salomon Gessner |
Erscheinungsweise | werktäglich |
Verkaufte Auflage | 76'023 (Vj. 100'421) Exemplare |
(WEMF-Auflagebulletin 2019,[1] inkl. «Int. Ausgabe») | |
Verbreitete Auflage | 104'460 (Vj. 111'023) Exemplare |
(WEMF-Auflagebulletin 2019, inkl. «Int. Ausgabe») | |
Reichweite | 0,253 (Vj. 0,239) Mio. Leser |
(WEMF Total Audience 2018-2[2]) | |
Chefredaktor | Eric Gujer |
Herausgeber | Aktiengesellschaft für die Neue Zürcher Zeitung |
Weblink | www.nzz.ch |
ISSN (Print) | 0376-6829 |
CODEN | NZZTA |
Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), im Zürcher Dialekt Zürizytig genannt, ist eine Schweizer Tageszeitung des Medienunternehmens NZZ-Mediengruppe mit Sitz in Zürich. Als traditionsreiche Zeitung ist sie überregional bekannt, wird zu den Leitmedien im deutschsprachigen Raum gezählt und vertritt gemäss ihrem Leitbild eine «freisinnig-demokratische Ausrichtung».[3][4]
Salomon Gessner gab das Blatt erstmals am 12. Januar 1780 unter dem Namen Zürcher Zeitung heraus. Sie ist damit die älteste heute noch erscheinende Zeitung der Schweiz. Seit 1821 trägt sie den Namen Neue Zürcher Zeitung. 1868 wurde eine Aktiengesellschaft gegründet, die die NZZ bis heute herausgibt. Keiner der 1400 Aktionäre besitzt mehr als 1 Prozent am Aktienkapital.[5]
Die weltanschaulich kritischste Phase erlebte die Zeitung, als sie bei den Zürcher Gemeinderatswahlen 1933 eine Listenverbindung der Frontisten mit den bürgerlichen Parteien guthiess. Der Historiker Thomas Maissen spricht von einer «ambivalenten Haltung gegenüber der lokalen Frontenbewegung», die die NZZ, ebenso wie der Zürcher Freisinn, einnahm.[6] Mit der Wahl Willy Bretschers zum Chefredaktor im Herbst 1933 schlug die Zeitung jedoch einen klar antifaschistischen Kurs ein. Am 18. Juli 1934 wurde als Reaktion auf die Berichterstattung zum Röhm-Putsch der Vertrieb der Zeitung im Deutschen Reich verboten.[7]
Unter Chefredaktor Markus Spillmann vollzog die Zeitung ab 2006[8] einen Relaunch und reorganisierte auch das Online-Angebot. Im Juni 2012 wurden Online- und Print-Redaktion vereinigt, und die Website unter «Neue Zürcher Zeitung» (nicht länger als «NZZ Online») neu lanciert. Nachrichten, die von der Print-Redaktion geschrieben werden, werden unmittelbar nach ihrer Fertigstellung online gestellt. Gleichzeitig wurde eine Paywall eingeführt, worauf die Seitenaufrufe zurückgingen.[9]
Im Dezember 2014 gab Spillmann die publizistische Leitung wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Verwaltungsrat ab.[10] Er trat als erster NZZ-Chefredaktor der jüngeren Geschichte unfreiwillig von seinem Posten zurück.[11] Sein Nachfolger wurde Eric Gujer, der seit 1986 für die NZZ tätig ist.[12][13] Die ursprünglich geplante Berufung von Markus Somm als Chefredaktor wurde, unter anderem nach einer Protestnote durch die Redaktion, verworfen.[14][15][16] Befürchtet wurde ein „Rechtsputsch“ durch den „der rechten SVP nahestehende[n]“ Journalisten Somm, der sich als „Statthalter Blochers“ sah.[17][18][19] Zuvor hatten die Handelszeitung, der Tages-Anzeiger und die Schweiz am Wochenende darüber berichtet, dass „zurzeit Personen Aktien erwerben, die SVP-Volkstribun Christoph Blocher nahe stehen“, um eine „unfreundliche Übernahme [der NZZ] herbeizuführen“.[20][21][22] Blocher selbst bestritt diese Aussagen im Interview mit Persönlich.[23]
Ende Juni 2015 stellte die Druckerei der NZZ, NZZ Print in Schlieren, den Betrieb ein. Die NZZ wird seither im Druckzentrum Zürich von Tamedia gedruckt.[24]
Die NZZ erscheint im üblichen Schweizer Zeitungsformat, das in Deutschland gelegentlich auch als «Format NZZ» bezeichnet wird. Die NZZ selbst hat diese Bezeichnung aufgenommen und bestreitet ein wöchentliches Fernseh-Magazin unter dem Titel NZZ Format. Der gedruckten NZZ ist jeweils in der ersten Montag-Ausgabe jedes Monats das Magazin NZZ Folio beigelegt, das sich zur Hauptsache einem Schwerpunkt-Thema widmet. Wie bei allen führenden Schweizer Tageszeitungen werden auch bei der NZZ die Beilagen von bedeutend mehr Personen gelesen als das Blatt selbst. So stehen den 274'000 Lesern der NZZ 375'000 Folio-Leser gegenüber (WEMF MACH Basic 2015-II).[25]
Nach der Layout-Revision von 2009 gliederte sich die NZZ nur noch in drei Bünde. Am 21. August 2015 erschien die NZZ in einem wiederum in Zusammenarbeit mit Meiré und Meiré entwickelten neuen Layout. Die Zeitung gliedert sich seither wieder in vier Bünde mit einem fünften am Freitag. Der Inlandteil befindet sich damit neu am Beginn eines Bundes (des zweiten). Der Sport ist statt am Ende des zweiten Bundes (Wirtschaft) am Ende des vierten (Feuilleton) zu finden. Der zusätzliche fünfte Bund am Freitag (Wochenende) enthält einen Schwerpunkt als Auftakt, dazu die Spezialressorts «Forschung und Technik», «Reisen» und «Mobil/Digital» sowie grosse Reportagen, Porträts und Gesellschaftsthemen.
Bis zum 6. Dezember 1869 erschien die NZZ einmal, danach zweimal, vom 3. Januar 1894 an dreimal täglich. Am 29. September 1969 kehrte man wieder zu zwei Ausgaben zurück. Seit dem 30. September 1974 erscheint nur noch eine Tagesausgabe. Als ergänzenden Beinamen erhielt die NZZ auch die Bezeichnung «Schweizerisches Handelsblatt».
Die NZZ setzt die neue Rechtschreibung nicht vollständig um. So wird etwa Greuel anstelle von Gräuel und sich in acht nehmen anstelle von sich in Acht nehmen verwendet. Einen Leitfaden dazu bietet das von «NZZ Libro» verlegte NZZ-Vademecum.[26][27]
Im Jahre 2005 digitalisierte die NZZ alle bisherigen Ausgaben seit 1780, insgesamt ca. zwei Millionen Seiten, was Dateien im Umfang von 70 Terabyte erzeugte.[28] Das Archiv ist online zugänglich.[29]
Ab 1893 führte die Zeitung eine Partie- und Problemschach-Rubrik, die 2016, nach über 120 Jahren, eingestellt wurde.[30]
Die NZZ hat eine WEMF-beglaubigte Gesamtauflage von 76'023 (Vj. 100'421) verkauften bzw. 104'460 (Vj. 111'023) verbreiteten Exemplaren pro Tag; davon «Internationale Ausgabe» 7'244 (Vj. 7'409) verkaufte bzw. 8'351 (Vj. 8'593) verbreitete Exemplare pro Tag[1] und eine Reichweite von 253'000 (Vorjahr 239'000) Lesern.[2] Ihre internationale Ausgabe «NZZ International» ist ein zumeist etwa 40 Seiten umfassendes, werktäglich erscheinendes Zeitungsformat. Die Ausgabe ist speziell für Leser aus dem deutschsprachigen Ausland konzipiert, weshalb sie sich durch einen verminderten Anteil an Schweizer Meldungen auszeichnet und einen dementsprechend stärkeren Fokus auf internationale Politik.
Wie alle gedruckten Tageszeitungen muss die NZZ seit einigen Jahren eine stark sinkende Auflage hinnehmen. Die verkaufte Auflage fiel seit 2008 um 66'986 von 143'009 auf 76'023 Exemplare. Das entspricht einem Rückgang um 46,84 %.
Die NZZ geniesst einen Ruf als Qualitätszeitung.[32] Dazu trägt neben dem Wirtschaftsteil vor allem die Auslandsberichterstattung bei, die auf ein dichtes Korrespondentennetz zurückgreift.[33]
Politisch steht die NZZ der FDP Schweiz nahe; sie vertritt eine liberal-bürgerliche Haltung. Der Verwaltungsrat kann einen Erwerber von Aktien als Aktionär ablehnen, wenn eine Person weder Mitglied der FDP ist, noch sich zur freisinnig-demokratischen Grundhaltung bekennt, oder falls sie Mitglied einer anderen Partei ist.[34] Der in vielen Belangen konservative Stil der Zeitung hat ihr in Journalistenkreisen auch den Spitznamen «Alte Tante»[35] eingetragen.
Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt meinte einmal, dass er doch lieber gleich die NZZ lese als die Berichte seines Auslandsgeheimdienstes BND.[36] Rainer Link stellte 2019 im Deutschlandfunk fest, dass die „Qualitätszeitung […] zu einer intellektuellen Kulturlandschaft“ in der deutschen Presse zählt und laut Thomas Bernhard „ein Geistesmensch nicht an einem Ort existieren kann, in dem er die ‚Neue Zürcher Zeitung‘ nicht bekommt“.[37]
Im Dezember 2016 verlieh die Reinhold-Maier-Stiftung der NZZ die renommierte Reinhold-Maier-Medaille, die Chefredaktor Eric Gujer stellvertretend entgegennahm. Die Stiftung ehrte die Zeitung damit für ihr unermüdliches Eintreten für den Liberalismus und die Autonomie des Einzelnen, für freiheitliche Bürgerrechte und den Meinungspluralismus.[38]
Traditionell gilt die NZZ als der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) nahestehend. So saß von 1988 bis 1999 mit Ulrich Bremi ein hochrangiger Politiker dieser Partei im Verwaltungsrat der Zeitung. Mit dem Ende des Kalten Kriegs lockerte sich die Bindung an die FDP und 1994 wurde erstmals ein Parteiloser Leiter der Redaktion für Innenpolitik. In den 2010er Jahren beschleunigte sich vor dem Hintergrund des schon lange bestehenden Niedergangs der FDP die politische Umorientierung der NZZ.[39]
Seit der Ernennung von Eric Gujer als Chefredaktor im März 2015 und von René Scheu 2016 als Feuilletonchef attestieren verschiedene Medien und Medienforscher der NZZ eine deutlich rechtskonservative Meinung bis hin zu Positionen der rechtspopulistischen AfD.[40][41][42][43][44][45][46][47][48] Beklagt wird in diesem Zusammenhang auch eine Welle von Entlassungen und Umbesetzungen in der Redaktion.[49][42]
Der damalige Chefredakteur Gujer bestreitet diese Einschätzung und ordnet die Zeitung als bürgerlich-liberal ein[40] und beklagt einen „stark links-liberalen Hintergrund“ vieler Journalisten. Ebenfalls widersprachen dieser Auffassung einzelne Medienschaffende wie Frank A. Meyer,[50][51][52] Willi Winkler[53] und Roger de Weck sowie die Basler Zeitung.[54]
Die NZZ erfreut sich seitdem steigender Sympathie in der politischen Rechten in Deutschland.[55] So beschrieb im Juli 2019 der ehemalige Präsident des deutschen Bundesamts für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen die Zeitung in einem Tweet als «Westfernsehen»,[56][57] wovon sich die NZZ distanzierte.[58] Ebenfalls distanzierte sie sich von einem Aufruf der AfD-Politikerin Beatrix von Storch, sich bei der NZZ auf ein Volontariat zu bewerben.
Seit Anfang 2021 ist der neue Geschäftsführer des Berliner Büros der Journalist Jan-Eric Peters. Die NZZ ändert unter ihm ihren Kurs. Der Rechtsruck soll korrigiert und Wutbürger weniger bedient werden. Die geplanten Abonnentenzahlen im angezielten Spektrum wurden nicht erreicht, Chefredakteur Marc Felix Serrao zeigte sich besorgt über den Ruf, der unter dem Rechtsruck gelitten hat. Erneut distanzierte er sich von den Aussagen Maaßens und nannte sie „hanebüchen und geschichtsvergessen“[59]
Der Name NZZ wird neben der Zeitung selbst auch für viele andere Produkte verwendet. Die wichtigsten:
Die NZZ hält folgende Marken bzw. Beteiligungen:
Im Jahr 2020 wurde die Zeitung sowie der dahinterstehende Verlag dafür kritisiert, unter dem Eindruck des Wegbrechens von Anzeigenschaltungen als Folge der COVID-19-Pandemie in der Schweiz staatliche Hilfe in Anspruch genommen zu haben, während man eine hohe Dividende an die Aktionäre ausschüttete. Ebenso befremdlich wurde ein Beitrag von Eric Gujer aufgenommen, in dem er sich noch am Tag des Beschlusses zur Dividendenauszahlung der NZZ für Zurückhaltung bei Dividenden- und Bonizahlungen ausgesprochen hatte.[69]
Koordinaten: 47° 21′ 54,3″ N, 8° 32′ 51″ O; CH1903: 683760 / 246617